
Die Akaflieg und der Windenstart
Wie ein roter Faden zieht sich die Beschäftigung mit dem Windenstart durch die Forschungsarbeiten der Akaflieg Karlsruhe.
Die Karlsruher Hochstartmethode
Zur Zeit der Anfänge des Segelfluges in den 20er und 30er Jahren war es üblich, mittels eines von einer Mannschaft gestrafften Gummiseils am Hang zu starten, um dann mit Hilfe des Hangwindes oder der Thermik weiter Höhe zu gewinnen.
Ein Nachteil der Gummiseilstartmethode war jedoch deren Geländeabhängigkeit. Da in der näheren Umgebung von Karlsruhe keine geeigneten Hänge zur Verfügung standen widmete sich deshalb die Akaflieg Karlsruhe schon früh der Entwicklung einer alternativen Startmethode, dem Windenstart.
Das Verfahren der Akaflieg, das später als „Karlsruher Hochstartmethode“ in die Literatur eingegangen ist, benutzte einen LKW mit Umlenkrolle sowie ein 200m langes Stahlseil, sowie ein Gummiseil, das zur Dämpfung zwischengeschaltet wurde (siehe Abbildung [Der ADLER 7/1932]).
Es konnten so, trotz des vergleichsweise kurzen Seils, Höhen bis 120m erreicht werden, die den Einstieg in die Thermik ermöglichen konnten.
Seil- und Windenstartuntersuchungen nach dem Krieg
Nach dem Krieg widmete sich die Akaflieg erneut dem Windenstart. Der Hochstart an einer stationären Winde hatte sich inzwischen als brauchbare und vor allem preisgünstige Startmethode erwiesen.
Die Akaflieg Karlsruhe untersuchte im Rahmen verschiedener unter anderem auch vom Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg geförderten Forschungsvorhaben einerseits die Verbesserung der Verschleißfestigkeit von Windenseilen in werkstoffkundlicher Sicht aber auch durch Verbesserung der Windenkonstruktion. Auf der anderen Seite führte sie aber auch Untersuchungen zur Mechanik des Windenstarts durch.
Im Jahr 1962 konnte die Segelflugstartwinde AFK-2 in Dienst gestellt werden. Sie entsprach den aus den Forschungsarbeiten gewonnenen Erkenntnissen bezüglich Seilführung, Azimutrollendurchmesser, erforderlicher Motorleistung … Bis in die 80er Jahre leistete sie der Akaflieg treue Dienste.
Mit Einzug des Kunststoffs in den Segelflugzeugbau und insbesondere der Einführung von Kunststoffdoppelsitzern veränderten sich die Anforderungen an Segelflugstartwinden jedoch deutlich. Die Leistung der AFK-2 reichte nicht mehr aus, ebenso erwiesen sich ihre teilweise recht exotischen Bauteile als nachteilig. Die Akaflieg entschloss sich, wiederum im Rahmen von Forschungsarbeiten, eine neue Winde zu konstruieren und zu bauen.
1987 konnte die AFK-3 in Dienst gestellt werden, die ausführlich auf einer eigenen Seite vorgestellt wird. Sie entspricht den heutigen Erkenntnissen bezüglich der Arbeitsplatzgestaltung und ist, was die Wartung ungemein erleichtert, hauptsächlich aus Serienbauteilen aufgebaut.
Beim Bau der AFK-3 wurde ebenfalls die Möglichkeit zur Datenerfassung integriert, so dass im Rahmen des Projekts AK-7 die Arbeiten zur Theorie und praktischen Auswertung des Windenstarts fortgeführt werden konnten.
Seit 1999 laufen Arbeiten zum Thema Geschwindigkeitsübertragung im Windenstart, die einen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit dieser Startart leisten sollen. Unter dem Motto ASTS „Airspeed Transmission from Sailplanes“ sollen die aktuellen Entwicklungen bezüglich kleiner und leistungsstarker Sende- und Empfangsmodule sowie Druckmesssensoren zum Bau kostengünstiger und zuverlässiger Übertragungseinheiten ausgenutzt werden.
Nebenstehendem Auszug eines Messdiagramms ist der Verlauf des Drehmoments an der Trommel (dunkelblau), die Höheruderstellung (grün) und die Beschleunigung in z-Richtung (gelb) während des Vorgangs des Ausklinkes am Ende des Windenstarts zu entnehmen. (Weitere Details auf den ASTS-Seiten.)
Weitere Windenstart-Infos (vor allem für die Praxis): www.skylaunch.de

Nachdem im Rahmen von zwei Studienarbeiten am Institut für Maschinenkonstruktionslehre / Abteilung Kraftfahrzeugbau die theoretischen Aspekte des Projekts geklärt worden waren, konnte 1986 die erste Bauphase eingeleitet werden. Wichtige Unterstützung beim Bau der „Forschungswinde“ AFK-3 wurde der Akaflieg Karlsruhe durch ihr inzwischen verstorbenes Ehrenmitglied Direktor Göhring zuteil, der der Akaflieg ein straßenverkehrstaugliches dreiachsiges LKW-Fahrgestell der Firma Daimler-Benz vermitteln konnte.
Die wichtigsten Merkmale der AFK-3:
- Es wurde versucht, weitestgehend Serienteile von LKW-Herstellern zu verwenden, bzw. diese durch geringe Modifikation nutzbar zu machen. Dadurch konnte der Wartungs- und Reparaturaufwand gegenüber der AFK-2 mit ihren teils recht exotischen Bauteilen deutlich reduziert werden.
- Durch Benutzung eines einzelnen LKW-Motors, dessen Kraft durch ein Verteilergetriebe wahlweise auf Seiltrommeln oder Räder geleitet werden kann, wird der Wartungsaufwand weiter reduziert.
- Ein Wandler-Schaltgetriebe ermöglicht ausreichende Seilanzugsmomente, um auch schwerste Segelflugzeuge sicher zu beschleunigen.
- Der Windenfahrerstand als Arbeitsplatz des Windenfahrers wurde entsprechend modernen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen gestaltet.
- elektrische Betätigung der wichtigsten Funktionen, welche sich durch umfangreiche Sicherheitsschaltungen auszeichnen, bzw. was die Fernbedienung ganzer Funktionsgruppen möglich macht.
- Vorbereitung zum Einbau einer Drehmomentmesswelle und weiterer Messgeräte, welche zur Umsetzung des Projekts AK-7 (Windenstartuntersuchungen) benötigt wurden
- Lehrer/Schüler-Schaltung mit Redundanz der wichtigsten Bedienelemente erleichtert Ausbildung
- schnelle Demontierbarkeit des Schutzgitters und der Azimutrollen; damit Möglichkeit zur Bewegung im Straßenverkehr
- Seilrückholwagen (Lepo) kann mittels Auffahrblechen auf Ladefläche geparkt und mittransportiert werden
Im Probebetrieb parallel zur AFK-2 wurde die neue Winde 1987 erstmals eingesetzt, sie bewährte sich jedoch schon bald so gut, dass die AFK-2 gegen Mitte des Jahres außer Dienst gestellt wurde.
Über 15 Jahre nach ihrem ersten Schlepp verrichtet die Segelflugstartwinde AFK-3 noch immer zuverlässig wie am ersten Tag ihren Dienst beim Flugbetrieb der Akaflieg. Dank einer großzügigen Reifenspende von Michelin, konnte sie im Frühjahr 2001 auch wieder zum Straßenverkehr zugelassen werden.